Dur-Moll-Wechsel.

Ein beliebtes Stilmittel beispielsweise bei französischen Chansons, aber auch bei vielen Schlagern ist der Wechsel von Moll in das gleichnamige Dur. Die Wirkung ist eine plötzliche Aufhellung in der Musik, so als trete plötzlich die Sonne hinter einer dicken Wolkendecke hervor.

Auf einem diatonischen Akkordeon lässt sich das in der Regel kaum so spielen. Ein Zweireiher in C/F oder auch eine Club-Harmonika in C/F spielt in der Regel in C-Dur oder in F-Dur, allenfalls noch in B-Dur. Aber C-Moll, F-Moll oder B-Moll lassen sich darauf nicht sinnvoll spielen, weil die nötigen Mollakkorde in der linken Hand fehlen.

Einige wenige Akkorde in der linken Hand stehen jedoch sowohl in der Dur- als auch in der Mollvariante zur Verfügung. Das sind auf einem C/F-Instrument G-Dur und G-Moll (durch Kombination von G-Bass und B-Dur-Akkord) sowie A-Dur und A-Moll (durch Kombination von A-Bass und C-Dur-Akkord). Auf einer Club-Harmonika gibt es zusätzlich noch C-Dur und C-Moll (durch Kombination von C-Bass und Es-Dur-Akkord). Das ist nicht wirklich üppig, und außerdem passt die Balgrichtung teilweise nicht zur Balgrichtung der Melodietöne. Es reicht auch nicht für die übliche I-IV-V-Akkordausstattung in irgendeiner Tonart. Für die Tonart C-Moll fehlt der F-Moll-Akkord (IV), für A-Moll fehlt der E-Dur-Akkord (V), für G-Moll fehlt der D-Dur-Akkord (V).

Dennoch gibt es ein paar Stücke, die bewusst um diese Fehlstellen herumkomponiert sind. Ein Beispiel ist das hübsche Stück DIN A4 von Pere Pau Jiménez. Auf einem C/F-Instrument lässt es sich in G-Dur/G-Moll spielen:

Noten für DIN A4

Der einzige nicht spielbare Akkord ist der D-Dur-Akkord in den Takten 3 und 7. Man kann ihn in diesem Fall durch D-Bass und G-Dur-Akkord einigermaßen faken.

In der Regel sind die Komponisten allerdings nicht so gnädig, und dann kann man die Stücke eben nicht so ohne weiteres spielen. Beispiele für solche Stücke gibt es wie Sand am Meer. Und weil zu Sand und Meer ein Seemannslied passt, habe ich mal das Lied Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern ausgewählt. Das stammt aus dem Film Paradies der Junggesellen:

Noten für Das kann doch einen Seemann - unbearbeitet

Das Lied beginnt in Moll. Da sich auf einem C/F-Instrument allein D-Moll sinnvoll spielen lässt, habe ich es nach D-Moll transponiert. Nach der vierten Zeile ändern sich die Vorzeichen: Das Stück moduliert von D-Moll ins gleichnamig Dur, also nach D-Dur. D-Dur lässt sich aber nicht spielen; denn ich habe keinen D-Dur Akkord. Auch der schöne Wechsel von E7 nach E-Moll in der vorletzten Zeile geht gar nicht, weil ich überhaupt keinen E-Akkord habe, weder in Dur noch in Moll.

Was aber geht, ist F-Dur, also das parallele Dur zu D-Moll. Man kann den Dur-Teil also zwar nicht im gleichnamigen Dur spielen, aber immerhin im parallelen Dur. Das schwächt zwar den schönen Effekt des Wechsels von Moll nach Dur etwas ab, aber er ist immer noch zu hören. Das sieht dann ungefähr so aus:

Noten für Das kann doch einen Seemann - bearbeitet

Hier endet die vierte Notenzeile mit einem C7-Akkord, der sofort als Dominantakkord gehört wird und die Hörerwartung nach F-Dur katapultiert. (Der F-Dur-Akkord, den ich im gleichen Takt davor notiert habe, ist unnötig. Da hatte ich mir zu viele Sorgen gemacht.) So hat man dann auch im zweiten, im Dur-Teil alle Akkorde, die man braucht, und das Stück spielt sich quasi im Alleingang.

Ich denke, das sollte das Standardverfahren sein: Wenn in einem Stück zwischen gleichnamigen Dur und Moll gewechselt wird, wird für das diatonische Akkordeon statt dessen zwischen parallelem Dur und Moll gewechselt. Das funktioniert praktisch immer.

Vielleicht noch ein paar kleine Anmerkungen zum Stück:

Gm
Ein »richtiger« G-Moll-Akkord lässt sich nicht spielen. Man spielt als Ersatz einen G-Bass und einen B-Dur-Akkord. Das ergibt zusammen die Töne G-B-D-F, also einen Gm7.
Gm6
Der Gm6 besteht an sich aus den Tönen G-B-D-E. Das kann man so auch nicht spielen. Ich spiele einfach den normalen Gm7, wie oben beschrieben.
A (dritte Zeile)
Den A-Dur-Akkord gibt’s nur auf Druck, das Cis in der Melodie aber nur auf Zug. Man kann also nicht beides gleichzeitig spielen. Das ist wirklich ein wenig ärgerlich. Ich spiele deshalb zum Cis in der Melodie nichts in der linken Hand. Den A-Dur-Akkord würde ich normalerweise dann im zweiten Viertel spielen, da da die Melodie eine Pause hat. In diesem speziellen Fall bietet es sich aber an, danach G-Moll zu spielen und A-Dur dann erst auf dem ersten Viertel des folgenden Taktes zu spielen. Das spielt sich einfach flüssiger.
C7
Einen echten C7-Akkord gibt es auf der linken Seite in der Regel nicht. Man könnte eventuell B-Bass mit C-Dur-Akkord kombinieren. Das wären dann rein rechnerisch die richtigen Töne, der B-Bass klingt aber nicht wirklich gut. Ich spiele daher meist nur einen simplen C-Dur Akkord ohne Septime. (Bei einer Club-Harmonika mit zehn oder zwölf Bassknöpfen gibt es allerdings einen C7-Akkord.)

Hinterlasse einen Kommentar